Krieg in Europa … und die Gefahr durch Daten

Heute ist alles anders als gestern

Gestern, am frühen Morgen des 24.02.2022, ist das Unvorstellbare eingetreten. Es herrscht Krieg in Europa. Unabhängig von den politischen und geschichtlichen Hintergründen und Ursachen ist eines sehr klar: Es wird keine Gewinner geben. Dafür wird es viele Opfer geben und es werden vor allem diejenigen sein, die weder ein Interesse an diesem Krieg haben noch dafür verantwortlich sind.

Wie lange dieser Krieg dauern wird, wissen wir nicht. Ebenso können wir nicht abschätzen, welche Folgen, Schäden und Leid diese aggressiven Auseinandersetzungen verursachen werden. Aber eines ist wieder einmal offensichtlich geworden: Es ist nichts sicher, es gibt immer wieder Entwicklungen, die unvorhergesehen und vor allem schnell kommen. Wir wachen auf, die Welt ist eine andere.

Nichts ist vorhersehbar

Auch wenn nicht klar ist, welche Wege die Entwicklung nehmen wird, so müssen wir mit allem rechnen. Leider zeigt die Geschichte der Welt regelmäßig, dass es keine Garantie für Frieden gibt und wir uns ohne Vorwarnung plötzlich in einer Situation befinden, die wir nicht mehr kontrollieren können.

Immer wieder habe ich Leute voller Überzeugung sagen hören, dass es eine Zeit wie im Nationalsozialismus, der im Jahr 1939 im Beginn des zweiten Weltkrieges gipfelte (Brockhaus, Zweiter Weltkrieg. http://brockhaus.de/ecs/enzy/article/zweiter-weltkrieg (aufgerufen am 2022-02-28)), nie mehr geben wird.

Heute lernen wir erneut, dass wir immer mit allem rechnen müssen.

Die Gefahr hinter der Gefahr

Die Geschichte zeigt ebenfalls regelmäßig, dass bestimmte Bevölkerungsgruppen und Ethnien von Regimen unterdrückt und aggressiv angegangen werden. Edward Snowden beschreibt in seinem Buch „Permanent Records“, dass bereits mit der nationalsozialistischen Volkszählung von 1939 ein statistisches Projekt verfolgt wurde, dessen Ziel darin bestand, mittels Lochkarten-Tabulators, eine Art Analogcomputer die Bevölkerung zu kontrollieren und zu säubern (Snowden, Edward J. Permanent Record, 2019, eBook epub, Pos. 170).

Dass die Technik heute deutlich leistungsfähiger ist, zeigt Darren Byler in einem Buch „In the Camps – Life in China’s High-Tech Penal Colony“. Byler beschreibt, wie die chinesische Regierung moderne Technologie nutzt, um sich vor Terrorismus zu schützen. Unter anderem heißt es: „The digital and enclosure system […] turned smartphones into tracking devices. […] which gave […] state authorities the ability to watch and control movements and behavior in inceasingly ways.“ (BYLER, DARREN. IN THE CAMPS: Stories from China’s High-Tech Penal Colony. S.l.: ATLANTIC BOOKS, 2022, Seite 40).

Weiter berichtet Byler von einem Aufbau eines Systems „safe city“, welches in der Kreisstadt Shawan installiert wurde. Ziel des Systems war es, Individuen zu registrieren. Die Polizei wird automatisch über alle Bewegungen von Personen, die auf der Watchlist stehen, informiert. Das System in seiner geplanten Ausbaustufe sollte eine Gesichtserkennung besitzen und sämtliche Daten aus sozialen Medien sammeln sowie Verhalten analysieren, u. a. im Bereich Finanzen, Fahrverhalten usw. (S. 41f.)

Wie bereits beschrieben, dient das System laut Aussage der chinesischen Regierung zur Terrorismusbekämpfung. Allerdings kann die bloße Verwendung eines VPN-Dienstes in China bereits als illegale Webaktivität gewertet und eine Inhaftierung zur Folge haben (S. 2ff).

Auch Firmin DeBrabander beschreibt in seinem Buch „Life after privacy“: „Or your data is simply harvested by corporate and government entities, eager to learn every iota of information about you; they are busy concocting ingenious ways to extract this data, and infer key details about your life – which they then use in ways we can hardly fathom.“ (DeBrabander, Firmin. Life after privacy: reclaiming democracy in a surveillance society. Cambridge, United Kingdom ; New York, NY, USA: Cambridge University Press, 2020, Seite vii).

Kommt eine Macht in den Besitz von Massendaten, kann sie somit jede Bevölkerungsgruppe, jede Einstellung einer einzelnen Person, jedes Sozialverhalten identifizieren und analysieren. Jeder „Like“, den wir in den sozialen Medien geben, bei jedem Video, bei dem wir kurz verweilen, jegliche Kommunikation mit andern Personen kann analysiert und ausgewertet werden. Somit ist es ein leichtes Spiel für Aggressoren, unerwünschte Zielgruppen auszumachen und zu bekämpfen.

Fazit

Sich in sozialen Medien zu äußern, ob politisch, gesellschaftlich oder in sonstiger Weise, ist dauerhaft gespeichert und auswertbar. Das gleiche gilt für die elektronische Kommunikation über Messenger oder jede sonstige Nutzung, die in elektronischer Form erfolgt. Über Kameras, Datensammlung in Fahrzeugen und Satelliten, die ebenfalls Profile von uns erstellen, reden wir noch gar nicht. All diese Tatsachen sollten uns vor Augen führen, dass unser „Daten-Verhalten“ irgendwann Konsequenzen haben kann, die uns schwer schaden können. Natürlich stellt sich die Frage, ob es besser ist, sich möglichst überhaupt nicht mehr zu äußern. Letztendlich kann es auch nicht die Lösung sein, immer still zu halten und die Dinge geschehen zu lassen. Nein, wir müssen auch eine Meinung haben, wir müssen auch Werte vertreten und dazu stehen. Aber wir sollten uns über die Auswirkungen immer bewusst sein und stets überlegen, wo, in welchem Kontext, mit welchen Zielen wir Datenspuren hinterlassen und welche Risiken wir bereits sind, dafür einzugehen.